Neu oder Bestandsimmobilie – die Kosten
Neu bauen oder eine Bestandsimmobilie kaufen? Möchte man in den eigenen vier Wänden wohnen, stellt sich sehr bald die Frage: Sollte man lieber bauen oder eine Bestandsimmobilie kaufen? Der erste Teil dieses Beitrags beschäftigt sich mit dem Kostenfaktor, während wir im zweiten Teil auf die Faktoren Gestaltungsfreiheit, Lage, Zeit, Stress und Energieeffizienz eingehen werden.
- Welche Kosten kommen auf den Bauherrn bzw. auf den Käufer einer Bestandsimmobilie zu?
- Ist bauen oder kaufen günstiger?
- Was ist bei der Finanzierung zu beachten?
- Diese Fragen werden wir im Folgenden beantworten.
Neue oder Bestandsimmobilie: Grundlegende Kosten
- Die Kosten für den Kauf einer Bestandsimmobilie und für den Hausbau hängen von der Lage des Objekts ab.
- Selbstverständlich spielen auch die Fläche des Grundstücks und die Größe des gewünschten bzw. bestehenden Hauses eine Rolle.
- Nicht zuletzt kommt es auf die verwendeten Baumaterialien sowie auf die Inneneinrichtung des Objekts und auf die Gestaltung der Außenflächen an.
Um keine bösen Überraschungen zu erleben, sind sowohl vor dem Erwerb eines Baugrundstücks als auch vor dem Kauf einer Bestandsimmobilie ein Auszug aus dem Grundbuch und ein Einblick ins Baulastenverzeichnis Pflicht.
Neue oder Bestandsimmobilie: Nebenkosten
Nebenkosten, die beim Bau eines Hauses oder beim Kauf einer bestehenden Immobilie anfallen, können bis zu 20 Prozent der Gesamtkosten betragen. Die Grunderwerbssteuer sowie die Notar- und Grundbuchkosten sind auf jeden Fall zu entrichten.
- Beim Hausbau kommen außerdem Gebühren für die Baugenehmigung und Kosten für Versicherungen hinzu sowie eventuell die Kosten für ein Bodengutachten.
- Bei älteren Häusern sollte ein Bausachverständiger die Immobilie mit dem Kaufinteressenten besichtigen, um Mängel aufzudecken und einen Kostenplan über zukünftige Sanierungskosten aufzustellen.
Hat man einen Makler für die erfolgreiche Suche nach einem Baugrundstück oder nach einer Bestandsimmobilie beauftragt, steht die Maklerprovision ebenfalls auf der Nebenkostenliste.
Neue oder Bestandsimmobilie: Energieeinsparverordnung (EnEV)
Direkt bezugsfertig ist ein älteres Gebäude in den seltensten Fällen unmittelbar nach dem Kauf. Außerdem muss das Gebäude energetisch erst mal auf einen modernen Standard gebracht werden – denn so will es das Gesetz. Das bedeutet: Die Energieeinsparverordnung (EnEV) schreibt Nachrüstpflichten innerhalb von zwei Jahren ab Kaufdatum vor. Käufer eines Altbaus sollten hierfür also von Anfang an Extra-Kapital einplanen. Die Austauschpflicht betrifft Öl- und Gas-Standardheizkessel. Ist das Alter von 30 Jahren überschritten, müssen diese grundsätzlich ausgetauscht werden. Dem Käufer des Altbaus werden hierfür zwei Jahre Zeit eingeräumt. Bei solch alten Anlagen ist eine effiziente Arbeitsweise meist gar nicht mehr gegeben, der Austausch macht also durchaus Sinn.
Wer muss die Nachrüstmaßnahmen umsetzen?
Es gibt die Möglichkeit, sich per Antrag von den Nachrüstpflichten befreien zu lassen. Denn wirtschaftlich sollten diese schon sein. Bei der Dämmung des Dachraums scheiden sich oftmals die Geister. Denn es ist durchaus fraglich, welchen Nutzen es bringt, wenn man eine kleine Dachspitze von ein paar qm dämmt. So stopfen viele Bauherren hier einfach Mineralwolle aus dem Baumarkt in den Dachraum, um so dem Gesetz zu genügen.
- Es obliegt unter Umständen den Hausbesitzern sich zu informieren, inwieweit ihr Wunschaus noch nachgerüstet werden muss.
- Es gibt keine rechtliche Verpflichtung für den Verkäufer, darauf hinzuweisen.
- Auch der Energieausweis, den der Käufer erhält, gibt keine konkreten Aussagen zur Nachrüstpflicht.
- Allenfalls kann es auf Seite 4 lediglich Modernisierungsempfehlungen geben.
Ist Bauen oder eine Bestandsimmobilie kaufen günstiger?
Das Bauen eines Hauses
Die durchschnittlichen Kosten für ein 150 qm großes Massivhaus auf einem durchschnittlichen 850 qm großen Grundstück belaufen sich auf ca. 320 000 Euro. Hierbei sind das Grundstück mit 88 400 Euro und das Haus mit 195 000 einkalkuliert; 15 Prozent von der Gesamtsumme für das Grundstück mit Haus machen außerdem die Nebenkosten aus. Das Haus ist ohne Keller, Balkon und Terrasse. (Quelle: LBS Research, Stand: 2018)
Während bei einer bestehenden Immobilie das Grundstück und die Außenanlagen meist im Kaufpreis erhalten sind, muss der Bauherr für diese Posten einen erheblichen Teil seines Budgets einplanen.
Für die Erstgestaltung der Außenanlagen sollte man für frei stehende Wohnhäuser ungefähr 12-18 Prozent der Bausumme für beispielsweise Aufschüttung von Erde, Anlegen einer Terrasse, Zaun, Carport und Bepflanzung einkalkulieren. Im Durchschnitt macht das Grundstück circa vierzig Prozent der Kosten für den Hausbau aus. Hierbei gibt es jedoch regional sehr große Unterschiede.
Das kaufen einer Bestandsimmobilie
Bei einer bestehenden Immobilie unterscheiden sich die Preise zwischen Struktur-starken und – schwachen Gebieten ebenfalls sehr. Laut Immobilien-Preisspiegel 2020 von der LBS kostet in München ein Einfamilienhaus mit 120 qm in mittlerer bis guter Lage inklusive Garage und ortsüblichem Grundstück ungefähr 1 500 000 Euro, in der strukturschwachen sächsischen Stadt Annaberg-Buchholz dagegen 60 000 Euro.
Neben der Lage spielt der bauliche Zustand des Objekts bei der Preisbewertung einer Bestandsimmobilie eine wichtige Rolle. Wann wurde das Haus gebaut? Ist es renovierungs- oder sanierungsbedürftig? Gerade wenn eine Sanierung notwendig ist, sollte ein detaillierter Kostenplan aufgestellt werden, um die tatsächlichen Ausgaben für eine Bestandsimmobilie bestimmen zu können.
Obwohl die Preise für eine bestehende Immobilie erheblich schwanken, ist in der Regel ein älteres Haus im Vergleich zu einem neu gebauten Haus mit ähnlichen Rahmenbedingungen bezüglich der Lage, der Größe und der Ausstattung günstiger. Die eventuell notwendigen Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen sollte man jedoch auf keinen Fall unterschätzen. Eine Faustregel besagt: Würde die Sanierung mehr als 75 Prozent der Kosten für einen Neubau verschlingen, sollte man die Immobilie lieber abreißen lassen und neu bauen.
Neu oder Bestandsimmobilie – die Finanzierung
Bestimmung der Darlehenssumme
Egal, ob man ein Haus baut oder kauft, in der Regel wird man ein Darlehen von einem Kreditinstitut aufnehmen müssen. Hierzu ermitteln Banken den Beleihungswert einer Immobilie. Dieser Wert entspricht dem Mindestpreis, den das Kreditinstitut durch einen Verkauf oder eine Versteigerung erzielen müsste, falls der Käufer die Monatsraten nicht mehr begleichen kann. Der Beleihungswert unterscheidet sich von Bank zu Bank, da es unterschiedliche Berechnungsverfahren gibt. Es ist wichtig zu wissen, dass der Beleihungswert für einen Neubau im Vergleich zu einer Bestandsimmobilie am vergleichbaren Standort in der Regel höher ist. Anhand des Beleihungswerts, der immer unter dem aktuellen Verkehrswert der Immobilie liegt, wird die Darlehenssumme bestimmt.
Auszahlung des Darlehens
- Hat man eine Bestandsimmobilie erworben, wird das Darlehen nach eingetragener Grundschuld und nach Vorlage des Kaufvertrags auf das Konto des Verkäufers überwiesen.
- Beim Hausbau zahlt die Bank Teilbeträge aus, nachdem der Bauherr Rechnungen vorgelegt hat.
- Es gibt die Möglichkeit, diese Beträge nach Baufortschritt auszuzahlen.
Es werden beispielsweise nach der „Verordnung über die Pflichten der Makler, Darlehensvermittler, Bauträger und Baubetreuer“ (Makler- und Bauträgerverordnung – MaBV) 30 Prozent der Vertragssumme nach Übertragung des Grundstücks ausbezahlt, wobei die Erdarbeiten bereits begonnen haben müssen. Das ist der erste wichtige sogenannte Meilenstein beim Hausbau. Andere Meilensteine sind die Fertigstellung des Rohbaus, die Herstellung der Dachflächen und Dachrillen, die Rohinstallation der Heizungsanlage usw.
Engagiert der Bauherr die Handwerker selbst oder macht er viel in Eigenleistung, bietet sich eher die zweite Möglichkeit der Auszahlung an: Das Kreditinstitut überweist in regelmäßigen Abständen einen bestimmten Betrag auf das Konto des Bauherrn.
- Da die Auszahlung der Darlehenssumme an den Nachweis von Rechnungen gekoppelt ist, kann der Bauherr bei Terminverschiebungen schon einmal unter Zeitdruck geraten.
- Je nach Vereinbarung stellt die Bank nämlich das Darlehen zwischen 3 und 18 Monaten beitragsfrei zum Abrufen bereit, danach fallen Zinsen an.
- Nicht nur das Thema Kosten ist für die Entscheidung für den Hausbau oder für den Kauf einer Bestandsimmobilie ausschlaggebend.
- Daher nehmen wir im zweiten Teil des Beitrags die Faktoren Gestaltungsfreiheit, Lage, Zeit, Stress und Energieeffizienz genauer unter die Lupe.
Neu bauen oder Bestandsimmobilie kaufen?
Die fünf weiteren Faktoren
Die Entscheidung für Hausbau oder für Hauskauf ist nicht leicht und sollte nicht leichtfertig getroffen werden. Nachdem wir im ersten Teil dieses Beitrags wichtige Aspekte rund um den Schlüsselfaktor Kosten beleuchtet haben, widmen wir uns nun den Faktoren Gestaltungsfreiheit, Lage, Zeit, Stress und Energieeffizienz.
Neu oder Bestandsimmobilie: Faktor Gestaltungsfreiheit
Wer von einer eigenen Immobilie träumt, malt sich diese oft sehr genau aus. Die Zimmer und die Küche sollen geräumig sein. Die sonnige Terrasse auf dem Dach soll viel Platz für Grillpartys bieten. Ein Kamin, ein Swimmingpool und eine Sauna dürfen selbstverständlich nicht fehlen. Das Grundstück soll einen schönen uneinsehbaren Garten haben…
- Ganz klar: Um möglichst nah an seine Wunschvorstellungen zu kommen, muss gebaut werden.
- Ein Individualist, der von einem Haus träumt, wird in den seltensten Fällen in einer Bestandsimmobilie glücklich werden.
- Ist man recht anpassungsfähig und weiß den Charme eines älteren Gebäudes zu schätzen, kann eine bestehende Immobilie eine gute Lösung sein.
- Sie bietet in einem eingeschränkten Rahmen durchaus Gestaltungsmöglichkeiten.
- Man kann den Verkäufer eines bestehenden Hauses nach dem Grundriss mit eingezeichneten tragenden Wänden fragen, falls man beispielsweise Räume erweitern möchte.
- Auch ein Kamin oder eine Sauna lassen sich oft nachträglich einbauen.
Neu oder Bestandsimmobilie: Faktor Lage
Soll sich das Traumhaus zentral oder am Stadtrand befinden?
- Beim Kauf einer Bestandsimmobilie profitiert man nicht selten von einer gut ausgebauten Infrastruktur.
- Grundstücke für Neubauten werden hingegen oft außerhalb des Zentrums bzw. attraktiver Stadtteile ausgewiesen.
- Oftmals ist die Infrastruktur im Vergleich zu einer bestehenden Immobilie nicht so gut.
- Eventuell können auf den Bauherrn daher Erschließungskosten zukommen.
Möchte man im Zentrum oder in einer sehr begehrten Lage wohnen und bauen, kann es sich lohnen nach einem Grundstück mit einem Abrisshaus Ausschau zu halten.
Neu oder Bestandsimmobilie: Faktor Zeit
Hat man eine Bestandsimmobilie gefunden, kann man in der Regel bald einziehen. Viele Renovierungs- oder Sanierungsarbeiten lassen sich oft nach Einzug erledigen.
- Von der Planung bis zur Fertigstellung eines Hauses vergehen dagegen nicht selten eineinhalb bis zwei Jahre.
- Baut man viel in Eigenleistung, muss man viele Feierabende und Wochenenden auf der Baustelle verbringen.
- Darunter leidet nicht selten das Familienleben.
Eine gute Lösung kann ein Fertighaus sein. Hier kann man seine Wünsche bezüglich der Grundrissplanung nur bedingt einbringen, dafür ist ein Fertighaus vergleichsweise preiswert und schnell aufgebaut.
Neu oder Bestandsimmobilie: Faktor Stress
Sucht man eine Bestandsimmobilie, kann es eine Weile dauern, bis man ein geeignetes Objekt gefunden hat. Außerdem darf man Stress nicht unterschätzen, der beispielsweise durch Modernisierungsarbeiten entstehen kann.
- Dennoch liegt der Stresspegel beim Hausbau in der Regel höher.
- Wer baut, muss viele Termine einhalten.
- Dies kann vor allem dann ein enormer Stressfaktor sein, wenn die vereinbarten Ziele nicht eingehalten werden.
- Außerdem muss der Bauherr auf der Baustelle viele Prozesse koordinieren und die Ergebnisse überprüfen.
- Es gilt eine Vielzahl an Entscheidungen zu treffen, die unter den Beteiligten abgestimmt sein müssen.
- Nicht selten muss man sich auf Kompromisse einigen.
Es muss daher sehr gut überlegt sein, ob man sich auf den „Hausbaustress“ einlassen möchte, um möglichst nah an das Haus seiner Träume zu kommen.
Neu oder Bestandsimmobilie: Faktor Energieeffizienz
Baut man neu, richtet man sich nach den bestehenden Standards. Das bedeutet Heizungsanlagen und Wärmedämmung von Wänden und Dächern sind auf dem neuesten Stand. Fenster und Außentüren lassen keine unnötige Wärme entweichen. Das energieeffiziente Bauen ermöglicht von Anfang an eine Einsparung von Heiz-, Strom- und Wasserkosten.
- Je nach Alter und Zustand der Bestandsimmobilie variiert der energetische Zustand des Objekts.
- Im Vergleich zum Neubau fallen bei einer Bestandsimmobilie viel eher Kosten für eine energetische Sanierung an.
- Sowohl für energieeffizientes Bauen als auch für das energieeffiziente Sanieren gibt es vom Staat günstige Kredite.
- Diese kann der Bauherr bzw. der Käufer von der Kreditanstalt für Wiederaufbau im Rahmen des KfW-Energieeffizienzförderungsprogramms aufnehmen kann.
Neu oder Bestandsimmobilie: Für was würden Sie sich entscheiden?
Der Bauherr mit ausreichend Budget ist sicherlich im Vorteil gegenüber dem Käufer einer Bestandsimmobilie, wenn es darum geht, das Traumhaus nach eigenen Vorstellungen und nach dem neusten Stand der Technik zu gestalten. Allerdings erfordert der Hausbau einen langen Atem und starke Nerven. Eventuell muss der Bauherr auch bereit sein, Kompromisse in Bezug auf die Lage einzugehen. Da hat es der Käufer oft einfacher, denn man findet viele Bestandsimmobilien an attraktiven Standorten mit einer gut ausgebauten Infrastruktur. Kernfrage beim Erwerb einer älteren Immobilie ist vielmehr: Wie viel Traumhaus und wie viel Aufwand stecken im Objekt?
Die Entscheidung für den Hausbau oder für den Erwerb einer bestehenden Immobilie ist oft nicht einfach und ganz persönlich. Die Gewichtung der von uns aufgezählten Faktoren fällt ganz individuell aus. Daher gibt es keine bessere oder schlechtere Entscheidung, sondern nur die für Sie passende. Und die gilt es mit Kopf und Herz herauszufinden.